Eine unserer Anlagen für den Mehrkomponentenspritzguss auf zwei Maschinen. Bei uns in Idar-Oberstein fertigen wir das 2-Komponenten-Bauteil „Haube mit Fenstern“ vollautomatisch auf zwei Haitian Mars II Spritzgießmaschinen mit 200 t Schließkraft. Die beiden Spritzgießanlagen stehen im Abstand von 4 Metern parallel nebeneinander; ihre Fertigungszyklen arbeiten um 20 Sekunden versetzt (GS Kunststofftechnik).
Mehrkomponentenspritzguss: Spritzgussteile aus verschiedenen Kunststoffen verbinden
Zwei, drei oder vier in einem: Was bei Kunststoffteilen selbstverständlich aussieht, ist in Wirklichkeit raffiniert ausgetüftelt. Wie kann es sein, dass zwei oder mehr Kunststoffe mit völlig unterschiedlichen Eigenschaften problemlos in einem Bauteil vereint sind? Wir bei GS Kunststofftechnik haben die Antwort: Sie lautet Mehrkomponentenspritzguss. Es ist das am häufigsten angewandte Verfahren, um Bauteile aus unterschiedlichen Kunststoffen miteinander zu verbinden.
So funktionieren der Spritzguss und eine Spritzgießmaschine
Beim Spritzguss wird Kunststoff als Granulat oder Pulver in eine Spritzgießmaschine gegeben und erhitzt. Daraus entsteht eine flüssige Kunststoffmasse. Diese wird dann in eine Form gespritzt – daher der Name Spritzguss –, kühlt ab und kommt als Spritzgussteil aus der Anlage. Eine Komponente wird aus einem Kunststoff hergestellt, das nennt man 1K-Spritzguss.
Sollen Spritzgussteile aus unterschiedlichen Kunststoffen zu einem Bauteil vereint werden, spricht man von Mehrkomponenten-Spritzguss oder von 2K-Spritzguss Materialkombinationen. Je nach Anzahl handelt es sich 2K-, 3K- oder 4K-Spritzguss.
In einer Spritzgießmaschine unterscheidet man zwei wesentliche Baugruppen: Die Spritzeinheit bereitet den Kunststoff auf und spritzt ihn in die Form. Das geschieht mit einer genau definierten Menge, einem Schuss.
Daneben gibt es die Schließeinheit. Sie nimmt die Form auf und sorgt dafür, dass sie sich öffnet – damit das fertige Teil herausgenommen werden kann – und für die Verarbeitung wieder schließt.
Lesen Sie auch unsere detaillierten Informationen zum Thema Kunststoffspritzguss.
Mehrkomponentenspritzguss mit der Umsetztechnik
Um Bauteile im Mehrkomponentenspritzguss herzustellen, gibt es verschiedene Verfahren. Zum Beispiel die Umsetztechnik.
Im ersten Produktionsschritt stellt man dabei einen sogenannten Vorspritzling her: Mit einem Schuss baut man einen Teil des Produkts auf. Dann kommt der Vorspritzling in eine weitere Form. Mit einem zweiten (und gegebenenfalls einem dritten, vierten, …) Schuss wird das Produkt komplettiert. Weil das Werkstück in eine neue Form umgesetzt wird, spricht man von Umsetztechnik.
GS Kunststofftechnik hat schon seit dem Jahr 1999 Erfahrungen mit der Umsetztechnologie auf einer Maschine gesammelt. Bei dem weit verbreiteten Verfahren werden die einzelnen Komponenten eines Produktes in einem Werkzeug gefertigt, das über eine entsprechende Größe verfügt.
Ein Endprodukt bei Mehrkomponentenspritzguss: Die Haube für den manuellen Dosierspender „Nexa Compact“ für 750 ml-Flaschen mit Flüssigseife besteht aus vier Spritzgussteilen. In das Gehäuse der Kunststoffhaube sind drei transparente Fenster eingesetzt: Auf der Vorderseite kann dahinter ein Kundenlabel angebracht werden, an den beiden Seiten dienen sie zur Kontrolle des Füllstandes (GS Kunststofftechnik).
Umsetzen auf zwei Maschinen ist schneller und preiswerter
Eine weitere Möglichkeit haben wir im Jahr 2015 für uns entwickelt: Das Umsetzen auf zwei Maschinen. Der Vorteil: Es kann deutlich schneller und preiswerter sein als auf einer Maschine.
Wie kann die Herstellung auf zwei Maschinen günstiger sein als auf einer? Es klingt zunächst widersinnig, tatsächlich kommt es aber auf das Produkt an.
Die 2K-Spritzguss-Haube im Umsetzverfahren auf zwei Maschinen
Ein Beispiel ist die Haube für einen Seifenspender namens „Nexa Compact“. Darin sind drei Fenster eingesetzt – eines vorne für ein Kundenlabel, zwei dienen seitlich zur Füllstandskontrolle. Für die Produktion des 2-Komponenten-Bauteils „Haube mit Fenstern“ nutzt der Kunststoffspezialist zwei Haitian Mars II Spritzgießmaschinen mit 200 t Schließkraft. Sie arbeiten zeitlich um 20 Sekunden versetzt. Die Handhabung der Werkstücke übernimmt ein Roboter, der zwischen den beiden Maschinen hin- und herfährt. Er verfügt über einen Greifer mit zwei Aufnahmen, speziell für diesen Auftrag gefertigt.
Ein ausgeklügeltes Herstellungsverfahren
Im ersten Schritt entstehen die drei Fenster aus transparentem Polycarbonat (PC) auf der linken Maschine. Der Roboter transportiert sie zur zweiten Maschine auf der rechten Seite. Die zweite Aufnahme des Greifers entnimmt dort zuerst die fertige Haube, die im vorherigen Zyklus produziert wurde. Danach legt der Roboter die Fenster in die Form ein. Die Maschine spritzt dann um die Fenster herum die Kunststoffhaube für den Seifenspender aus Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS). In der Zwischenzeit legt der Greifer die fertige Haube auf ein Band. Dann fährt der Roboter wieder zur ersten Maschine, und der Produktionszyklus startet erneut.
Zwischen den beiden Spritzgießmaschinen fährt ein Roboter auf einer fünf Meter langen Achse hin und her. Er verfügt über einen Greifer mit zwei unterschiedlichen Aufnahmen, eine auftragsspezifische Sonderanfertigung für uns. Damit kann der Roboterarm gleichzeitig den Vorspritzling und die fertige Haube aufnehmen (GS Kunststofftechnik).
Genaue Positionierung macht das Endprodukt beständig
Beim Umsetzen der Fenster ist Präzision wichtig: Damit sie auf Dauer halten, werden Fenster und Haube nicht nur leicht angeschmolzen, sondern auch noch mittels Hinterschnitten formschlüssig verbunden. Und das gelingt nur, wenn der Roboter die Fenster auf den Zehntel Millimeter genau in die zweite Form einlegt.
Und nicht nur dort müssen wir auf eine hohe Genauigkeit achten. „Für das positionsgenaue Rüsten haben wir am Werkzeug extra Zentrierungen angebracht. Und da es im Fertigungsprozess immer temperaturbedingte Ausdehnung gibt, haben wir dort ebenfalls zwei zusätzliche Zentrierungen, denen am Greifer entsprechende Führungen gegenüberstehen“, erklärt Thomas Endres, Leiter unserer Spritzgussabteilung.
Kleinere Maschinen machen höhere Werkzeugkosten wett
Für die Seifenspenderhaube setzen wir zwei kleine Werkzeuge statt eines großen ein, was die Werkzeugkosten leicht erhöht. Gleichzeitig können wir aber auf kleineren Spritzgießmaschinen mit niedrigen Schließkräften produzieren. „Am Ende ist das für uns und für den Kunden günstiger“, weiß Thomas Endres.
Dritte Variante: Umsetzen mit einem Drehteller
Eine weitere Möglichkeit für 2-Komponenten-Bauteile ist die Drehtellertechnik. Dabei wird die Form für den zweiten Spritzgießvorgang um 180 Grad gedreht. Dieses Verfahren empfehlen wir besonders bei großen Spritzgussteilen bis 2.000 g mit Einlegern bis 200 g. Allerdings ist diese Produktionsweise am aufwändigsten und auch am teuersten.
Teilt man die Herstellung der Komponenten in zwei unabhängige Arbeitsgänge auf, sind sogar 2-Komponenten-Spritzgussteile mit einem Gewicht von 4.000 g realisierbar. Dieses Vorgehen, bei dem der Einleger für eine spätere Verwendung zwischengelagert wird, ist bei kleineren Serien bis jährlich etwa 15.000 Spritzgussteilen geeignet.
Das beste Verfahren beim Mehrkomponentenspritzguss?
Diese Frage lässt sich ganz klar mit „Das kommt darauf an!“ beantworten. Entscheidend ist, was die Spritzgussteile wiegen und wie viele Produkte hergestellt werden sollen.
Wir bei GS Kunststofftechnik sind einer vorteilhaften Lage. Denn schon mit unserem Angebot unterschiedlicher Verfahren im Mehrkomponentenspritzguss setzen wir uns von vielen Wettbewerbern ab. Wir sind nicht auf eine Fertigungsmethode beschränkt. Daher können wir verfahrensübergreifend beraten und für jedes Bauteil die beste Technologie einsetzen.
Unser Service macht den Unterschied
Auch aus Vertriebssicht ist diese Bandbreite an Erfahrungen von Vorteil, ergänzt Pascal Wagner-Schön: „Unsere Konstrukteure beraten bereits bei der Bauteilentwicklung. Damit unterstützen sie Kunden bei der Optimierung des Teiledesigns – und gleichzeitig der Produktionskosten. Daher stehen wir bereits bei der Bauteil-Idee als Ansprechpartner zur Verfügung.“
Bei komplizierten Fragen stehen Experten bereit. So beschäftigen wir bei GS Kunststofftechnik zum Beispiel einen eigenen Oberflächendesigner, der bei der Gestaltung von Sichtteilen unterstützt.